Wenn Liebe wahrt
Das Lagerfeuer loderte. Er kam mit zwei Weingläsern wieder auf die Terrasse. „Bitte schön.“
„Danke“, sagte sie lächelnd und kuschelte sich gleich an ihn.
„Ah“, schrie Phillip und wünschte sich, er könnte den Text zerknüllen und an die Wand werfen.
Julia lehnte lächelnd im Türrahmen. „Na, wohl doch nicht so einfach?“
Er schob die Tastatur beiseite. „Wie kann man denn eine spannende Geschichte schreiben, wenn man mit dem Happy End anfängt?“
Sie hob abwehrend die Hand: „Du hast mich gefragt, worüber man mal schreiben sollte.“
„Ich weiß.“
„Also greif mich nicht so an.“
Phillip lehnte sich zurück: „Okay.“
Ihre Lippen schmeckten süß.
Sie zog ihn näher an sich.
Er schob langsam seine Hand unter ihre Bluse während die Glut vom Lagerfeuer knackte.
Phillip riss sich zusammen und schrieb seine Geschichte zu Ende.
Das Lagerfeuer war schon lange erloschen, doch die Glut ihrer Liebe hielt bis zu ihrem Tod.
Ein paar Tage später wartete Phillip ungeduldig auf das Urteil seiner Frau.
„Das ist es?“, fragte Julia und legte die Zettel beiseite.
„Ja“, antwortete er kurz und knapp.
„Das ist es, was Du zu wahrer Liebe zu sagen hast?“
„Na … ja“, stotterte er.
Julia sah grimmig aus.
„Aber das ist doch romantisch!“
„Jaa… ja, das ist super romantisch.“
„Du bist sauer?“
„Selbstverständlich bin ich sauer.“
„Wieso? Du sagst doch selbst, es ist romantisch.“
„Wie ein Groschenroman“, grummelte sie.
„Was?“
„Wie in einem billigen Groschenroman“, sagte sie etwas zu laut.
„Was ist denn das Problem?“, fragte er nach einem Moment der Stille.
„Liebst du mich?“
„Ja, das weißt du doch.“
„Das dachte ich auch“, sagte sie und setzte sich mit dem Rücken zu ihm auf die Couch.
„Hey, ich liebe dich“, versuchte er sie zu beruhigen und streichelte ihre Schultern.
Sie wand sich aus seinen Händen und stand auf. „Aber wenn das deine Art ist, über die Liebe zu denken, dann …“
Er stand auch auf.
„Dann passen wir gar nicht zusammen.“
Er ging auf sie zu.
Sie wich ihm aus. „Nur Streicheln und Sex.“
Er versuchte sie zu umarmen.
„Hör auf, mich anzufassen!“
„Aber …“
„Genau das meine ich: für dich ist Liebe nur körperlich.“
„Nein, ist es nicht!“
„Ach. Und wieso schreibst du so eine Lagerfeuer-Rubbel-Romanze, wo du doch über wahre Liebe schreiben wolltest?“
„Na weil das romantisch ist.“
„Und wenn es nicht mehr romantisch ist, ist die Liebe dann futsch? Oh – die Liebe ist ja so romantisch.“
„Natürlich ist Liebe romantisch.“
„Das bedeutet, wir lieben uns nicht mehr.“ Sie zeigte abwechselnd auf ihn und sich selbst: „Denn das hier … kannst du nicht gerade romantisch nennen.“
„Man“, stöhnte er. „Was hast du denn erwartet?“
„Dass du über die Liebe schreibst. Über das, was uns zum Beispiel verbin… naja, was ich dachte, was uns verbindet.“
„Und was wäre das?“
Julia hielt inne und sagte dann leise: „Ich hatte gehofft, das von dir zu lesen.“
Phillip setzte sich.
Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
Er schaute sie fragend an.
Julia verschränkte die Arme.
„Hast du einen anderen?“, fragte er.
„Was?“ Sie setzte sich neben ihn. „Nein.“
Er rückte ein wenig von ihr weg. „Wo kommt denn das auf einmal her?“
„Ich vermisse uns“, fing Julia an. „Ich vermisse bei uns die Romantik. Ich vermisse das, was du da in der Geschichte geschrieben hast. Warum sind wir noch zusammen? Nur weil wir uns daran gewöhnt haben? Wo ist unsere Romantik hin?“
„Oh.“
Sie ließ sich in die Lehne fallen. „Oh? Mehr hast du nicht zu sagen?“
„Gib mir mal bitte einen Moment, ja?“
„Von mir aus.“
Phillip überlegte, dann schaute er sie an und lächelte. „Selbstverständlich haben wir uns aneinander gewöhnt und genau deshalb vermisse ich dich auch, wenn du nicht da bist.“
Sie setzte sich wieder aufrecht hin.
„Du kennst alles von mir, vor dir braucht mir nichts peinlich sein. Naja, fast. Du weißt, was ich meine.“
„Ja, weiß ich“, sagte sie und setzte sich dichter zu ihm.
„Und ich dachte, ich kenne dich auch so.“
„Kennst du ja auch.“
„Na siehst du“, sagte er. „Ich habe mich damals für dich entschieden. Klar, ich war verliebt, vielleicht bin ich das jetzt nicht mehr. Aber ich habe das nie bereut. Du gehörst zu mir und ich wäre nicht komplett, wenn du nicht mehr da wärst.“
Sie legte einen Arm um ihn und lehnte den Kopf an seine Schulter. "Und wieso steht so etwas nicht in deiner Geschichte?"
Er erwiderte ihre Umarmung.
„Dir ist schon klar, dass das so was von kitschig war.“
Nach einer Weile fragte er: „Wieso lächelst du?“
„Weil das seit langer Zeit einer der schönsten Momente ist.“
„Romantisch?“
Sie stieß ihm leicht den Ellenbogen in die Rippen. „Ey!“
„Soll ich ein Lagerfeuer anmachen?“
Julia musste lachen.
„Ich werde eine neue Geschichte schreiben. Und ich weiß schon, wie der Titel sein wird.“
„Na, wie denn?“
„Liebe ist unheimlich!“