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Wenn Liebe eifert


Martin wachte auf und schaute auf sein Handy: keine Nachricht.
Wieso hat sie nicht geantwortet?
Er sank zurück ins Kissen und schaute an die Decke.
Sie schreibt mir doch sonst alle zwei Minuten. Warum jetzt nicht? Ist ihr etwas passiert? Ist die Apokalypse da draußen jetzt doch ausgebrochen und ich bekomme hier nichts mit?
Die Deckenprojektion der Uhr zeigte 7:03.
Heute ist Sonntag, da kann ich sie doch nicht um Sieben anrufen. Oder doch? Nein – sie ist gestern bestimmt erst spät ins Bett gekommen.
Er nahm sein Handy und tippte: Guten Morgen Anne :* ich hoffe dir geht es gut <3
Wenn sie schläft, liest sie die SMS ja auch nicht. Außerdem fällt ihr nach den 30 Nachrichten von gestern diese eine von heute auch nicht auf. Sie denkt bestimmt, ich stalke sie.
Er drehte sich auf die Seite und wollte weiterschlafen.
Oder ignoriert sie mich mit Absicht?
Seine Augen öffneten sich.
Wenn dieser Frank da ist …
Er starrte an die Wand.
Frank! Der Typ vom Abschlussball. Mit Sicherheit hat sie den dort wiedergetroffen.
Er schlurfte in die Küche, machte die Kaffeemaschine an und kleckerte beim Wassernachfüllen.
„Franky-boy war immer so lustig“, hatte sie gesagt. Dann war das doch mehr als „nur kurz erwähnt“, oder?
Nachdem er das verschüttete Wasser aufgewischt hatte, feuerte er den Lappen in die Spüle.
Wieso hängt sie mit diesem Typen ab?
Der Lärm der arbeitenden Kaffeemühle schmerzte im Kopf.
Sie hat ihr Handy ausgeschaltet, damit ich das Turtelpaar nicht störe.
„Das ist doch Schwachsinn“, sagte er zu sich selbst und nahm die Kaffeetasse.
Wieso meldet sie sich nicht? Kann sie nicht wenigstens ein „alles gut“ schicken?
Er stellte den Kaffeebecher auf die Armlehne der Couch ab und ließ die Serie da weiterlaufen, wo er sie in der Nacht gestoppt hatte.
„Und? War Frank auch da?“
„… ja.“
„Wieso zögerst du?“
„Nur so. Nichts weiter.“
„Ist etwas passiert?“
„Naja …“
„Du hast gesagt, du liebst ihn nicht!“
„Tue ich ja auch nicht.“
„Und wieso machst du mit dem dann rum?“
„Ist halt einfach passiert, ich wollte das ja nicht.
Er schreckte hoch und der Kaffeebecher flog von der Lehne auf den Teppich. „Scheiße!“, sagte er laut und holte ein Handtuch.
Da zieht sie einmal los und gleich passiert sowas. Ich dachte, ich kann ihr vertrauen. Kannst du doch auch - hör auf damit!
Er machte sich etwas zu essen.
Schwanger, logisch. Bei mir bekam sie immer Panik, wenn ein Spermatropfen nur in die Nähe des Bauchnabels kam. Aber mit ihm, da geht’s gleich ohne Kondom zur Sache.
Er schob den halbvollen Teller beiseite.
Ich soll Trauzeuge werden? Das ist doch wohl ein Scherz. Vergiss es. Ich werde nicht gute Miene zum bösen Spiel machen.
Nach dem Aufräumen, fläzte er sich wieder auf die Couch.
Ja, ihr seid eine tolle Familie. Mit mir wolltest du das ja nicht.
Er hörte Schlüssel an der Eingangstür klappern, stand auf und ging in den Flur.
So früh?
Anne stürmte herein und gab ihm einen Kuss: „Hallo Schatz!“
Oh – Hallo.
„Hallo“, stammelte er.
Frag sie schon.
Sie lief weiter in die Wohnung: „Ah, du hast es dir auf der Couch gemütlich gemacht. Wolltest´ wohl doch nicht mit deinen Kumpels los?“
Frag sie!
„Doch, aber Jörg hat kurzfristig abgesagt. Und wie war es beim Klassentreffen?“
Das hast du gefragt? Au man.
„Super!“, rief sie aus dem Schlafzimmer. „Katrin ist verlobt. Bei ihr habe ich dann auch übernachtet, weil sie gleich in der Nähe wohnt.“
Okay.
„Ach deshalb warst Du nicht zu Hause.“
Frag!
„Ja genau.“ Sie kam aus dem Schlafzimmer und stopfte ein Kabel in ihre Tasche.
Jetzt frag sie schon!
Er schaute sie an.
Feigling! Frag sie!
„Mein Ladegerät lag hier bei dir, deshalb ist mein Akku seit gestern alle.“
Klasse, jetzt hat sie von selbst geantwortet.
„Das macht Sinn“, murmelte er.
Und weiter?
„Kannst du dich noch an Frank erinnern?“, fragte sie und kam näher.
Jetzt kommts.
„Kann sein“, druckste er rum.
Bleib stark.
Sie schaute ihm in die Augen: „Der war nur kurz da, weil er ein Baby zu Hause hat. Aber die Bilder waren sooo süß.“
Was? Was soll das jetzt?
„Okay“, sagte er nur.
Also hatte sie nichts mit ihm. Das ist doch gut.
„Weißt du was?“
Oder doch?
„Nein.“
Ich werde noch wahnsinnig.
Sie legte die Arme um seinen Hals: „Ich will auch ein Baby - von dir!“
Hab` ich da richtig gehört? Wo kommt das denn plötzlich her?
„oh…kay…“
Echt jetzt?
Sie gab ihm einen langen Kuss. „Ich bin noch mit meinen Eltern verabredet. Liebe Dich!“

Er stand da und fing an zu lächeln, als sie mit den Worten "unsere werden noch süßer" aus der Wohnung stürmte.
Ich liebe dich.
Langsam ging er zurück zur Couch.
Sie liebt mich.
Die blutüberströmten Menschenfresser seiner Serie wirkten unpassend und er machte den Streaming-Dienst aus.
Sie liebt mich!
Im Fernsehen lief "Alles steht Kopf".
Das passt.
Er legte sich noch ein Kissen zurecht.
Ich liebe dich auch.
Dann schlief er ein.

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